Stark machen fürs Bleiben
Ein Hilfsprojekt in Owerri/Nigeria

Seit Anfang 2017 gibt es in Penzberg eine große Flüchtlingsunterkunft. Junge Nigerianer bildeten dort anfangs die größte Gruppe. Durch die Betreuung lernten Ehrenamtliche vom „Unterstützerkreis Penzberg Asyl“ viele von ihnen gut kennen. So erfuhren wir etliche Details über die Probleme in ihrer Heimat.
Die wenigsten von ihnen sind direkt nach Europa gelangt. Viele haben erst einmal nur ihr Land verlassen, um Elend und Unsicherheit zu entkommen. Doch egal, ob sie in Afrika umherwandern oder in Europa anlanden: Eine Flucht aus der Heimat kann eine Lösung für die Probleme dort auf Dauer nicht sein.
Wir fragten uns damals: Was können wir tun, um einem Herkunftsland dazu zu verhelfen, dass Menschen in ihrer Heimat bleiben können?
🤝🏼 Kooperation mit Father Gerald
Der Zufall kam uns zur Hilfe. In Mittenwald hatte Father Gerald aus Nigeria einige Jahre den dortigen Pfarrer unterstützt. Ende 2017 wurde Dr. Gerald Njoku nach 15 Jahren in Deutschland in seine Heimat zurückgerufen.
Als junger Theologe war er nach Deutschland gekommen, hatte als Pfarrer gearbeitet und in München promoviert. Jetzt machte ihn der Erzbischof des Bistums Owerri zum neuen Direktor einer „Kommission für Gerechtigkeit, Entwicklung, Frieden und Caritas“ (JDPC, steht für Justice, Development, Peace, Caritas). Somit kehrte er im Februar 2018 nach Hause zurück.
✨ Beginn unseres Projekts
Im Januar 2018 halfen wir Father Gerald, für seine Rückkehr einen Schiffscontainer mit Hilfsgütern zu beladen. Wir steuerten vor allem Fahrräder aus unserer Radlwerkstatt bei. Er und die Ordensschwestern konnten so einfacher zu den Kranken und Bedürftigen kommen. Aber auch Familien wurden bedacht, ihre Kinder konnten damit besser die Schule erreichen.
Aus dieser Hilfsaktion ergab sich im Anschluss ein intensiver Austausch mit dem Pfarrer.
💥 Armut und Gewalt in Nigeria
Denn die Situation ist deprimierend in Nigeria, einem Land, etwa zweieinhalb mal so groß wie die Bundesrepublik. Die Bevölkerung wurde Anfang 2018 auf ca. 193 Mio. Menschen geschätzt, heute auf ca. 230 Mio., das sagt viel!
Zwei Drittel der Menschen sind extrem arm. Ohne durchgängige Stromversorgung und ordentlichen Straßenbau ist die wirtschaftliche Entwicklung sowieso schon schwer. Neuerdings kommt es zu einer extremen Abwertung der Landeswährung. Korruption und Kriminalität verschärfen die Lage, Erpressungen und Überfälle gehören zum Alltag, Banden (Fulani) und Geheimgesellschaften („Black Axe“) sind eine Gefahr. Dazu kommt der Terror radikaler Islamisten wie Boko Haram und „Islamischer Staat der Provinz Westafrika“ (ISWAP), die von Norden nach Süden vordringen.
💪🏿 „Empowerment“ als Idee
Owerri liegt im Land der Igbo, welches zu allem noch geprägt ist vom politischen Kampf um ein wieder unabhängiges Biafra. Junge Menschen, überwiegend Männer und meist christlich, versuchen seit Jahren, diesem Leben zu entkommen.
Father Gerald wollte dennoch Jugendliche stärken und ihnen Mut machen für die Zukunft, damit sie nicht den gefährlichen und letztlich aussichtslosen Weg nach Europa antreten. Auch freiwilligen Rückkehrern aus Europa wollte er eine Anlaufstelle bieten.
Diese Idee, welche dem europäischen Interesse an einem Abbau von Fluchtursachen entgegenkommt, wollten wir unterstützen. So bildeten wir einen informellen „Freundeskreis Father Gerald“.
Anfangs hatten wir den Plan, aus der Ferne beim Aufbau einer Berufsschule zu helfen. Dann begannen wir bescheidener mit dem Aufbau erst einmal einer Nähwerkstatt.
Anfang Oktober 2018 wurden Nähmaschinen gekauft und Lehrer eingestellt. Die ersten acht Schüler begannen mit ihrer Schneiderausbildung.
Über das Projekt informierte ein anfangs fast monatlicher Rundbrief – bis Ende 2021. Dann war ein bedeutender Wendepunkt erreicht.
🚀 Hilfe zur Selbsthilfe des Projekts
Im Laufe des dritten Ausbildungsjahres war es möglich, das Projekt komplett in die Hände des Erzbistums zu übergeben. Die ersten beiden Räume waren eingerichtet, die Ausbildung lief. Seit dem Sommer 2018 hatten wir dafür € 28.000,- an Spenden zusammengebracht.
Seit Sommer 2021 werden die Kosten für Lehrer und Material selbst getragen. Und wer die Ausbildung durchlaufen hat, hilft mit dem Nähen von Schuluniformen und weiterem ehrenamtlichen Einsatz, die Werkstatt zu erhalten.
Als Freunde in Deutschland bemühen wir uns alleine noch um den Kauf einer Nähmaschine für den Schritt in die Selbständigkeit.
Sehr geholfen hat auch das Münchner Büro für Rückkehrhilfen „Coming Home“, welches bereits zweimal einen größeren Betrag für die Ausstattung der Werkstatt und die Anschaffung von Nähmaschinen beigetragen hat.
Gerade hat die sechste Klasse – im Schnitt sind das immer 25 Schülerinnen – ihre Abschlusstests geschrieben und wird Anfang 2025 fertig. Wir wissen, dass viele junge Frauen dann ihre eigene kleine Werkstatt betreiben und sich ernähren können.
📢 Kontinuierliche Berichte
Meist bekommen wir einmal im Jahr direkt von Father Gerald Bericht, wenn er im Sommer zu Besuch in Deutschland ist.
Unterm Jahr erhalten wir Fotos und Informationen. Unsere Rundbriefe sind seltener geworden. Doch die Verbundenheit besteht und wächst weiter.
Förderverein Werkraum Penzberg e.V.
Für das Projekt verantwortlich:
📝 Ulrike Sidki und Dr. Anette Völker-Rasor
📩 Spendenkonto:
📌 IBAN: DE54 7039 0000 0002 5810 35
📌 BIC: GENODEF1GAP
📌 VR-BANK WERDENFELS EG
📌 Stichwort: „Nähmaschinen für Owerri“